Ein paar Eindrücke vom Obersalzberg, wo Geschichte lebendig wird | Das Kehlsteinhaus ist wie ein dunkles Neuschwanstein…

Wenn ich das gewusst hätte… wäre ich wahrscheinlich trotzdem hingefahren. Aber vielleicht an einem anderen Tag und mit einer anderen Einstellung.

Geschichte erleben

Zum Kehlsteinhaus bzw. eigentlich zum Obersalzberg bei Berchtesgaden wollte ich nur aus einem ganz bestimmten Grund. Ich mag Geschichte, darüber lesen was andere getan und erlebt haben ist eine Sache, aber dort sein wo Geschichte gemacht wurde, das finde ich noch viel faszinierender.

Sehen was andere gesehen haben, Überbleibsel aus einer anderen Zeit anfassen oder manchmal auch nur das Gefühl an einem besonders geschichtsträchtigen Ort erfahren und einfangen… dafür fahre ich in Bergwerke ein, klettere auf Burgen und war schon mehrmals am Schloss Neuschwanstein und habe dafür den Massentourismus ertragen.

Instagram- & Massentourismus

Am Obersalzberg hatte ich einen solchen Massentourismus nicht erwartet – viele finden Geschichte doch einfach nur langweilig, andere versuchen gerade diesen Teil der Geschichte zu verdrängen und zu vergessen. Trotzdem pilgern hunderte (vielleicht tausende?) Menschen täglich zum Obersalzberg und werden mit Bussen ans Kehlsteinhaus gekarrt.

Noch heute frage ich mich, wie viele von den Besuchern eigentlich wirklich wussten wo sie hier sind. Wie viele waren nur da, weil das Kehlsteinhaus auf Instagram gut aussieht und wie viele interessiert es auch im Nachhinein nicht, wo sie da eigentlich waren? Hauptsache es war schön da oben. Kann ich nicht beurteilen und will ich auch nicht verurteilen.

Dokumentation Obersalzberg

Das einzige was ich beurteilen kann, ist wie viele Menschen zusätzlich zum Besuch des Kehlsteinhauses an diesem Tag auch noch die Dokumentation Obersalzberg besucht haben um sich mit der Geschichte vom Berg und dem Kehlsteinhaus zu befassen. Erschreckend wenige.

Man konnte sich in dem kleinen Gebäude in der Ausstellung freier bewegen als auf dem Berg am Kehlsteinhaus. Kaum jemand ging von den Bussen zur Dokumentation, die meisten gehen direkt zum Auto oder zur nächsten Bushaltestelle. Schade eigentlich.

Eigentlich. Denn so war wenigstens hier etwas Luft zum Atmen und Nachdenken. Wer sich übrigens fragt, wovon ich die ganze Zeit rede: Der Obersalzberg war ab 1923 Hitlers Feriendomizil, ab ca. 1933 sein zweiter Regierungssitz neben Berlin. Das Kehlsteinhaus wurde damals als Geschenk für Hitler gebaut, er selbst war nur selten dort oben aber z.B. ein Kamin der wahrscheinlich ein Geschenk von Mussolini war, befindet sich heute noch dort oben.

Und dann pilgern sie doch…

Außer dem Kehlsteinhaus kann man leider keine Gebäude mehr besichtigen, alle wurden nach Kriegsende vernichtet um keinen Wallfahrtsort zu erschaffen. Dass nun doch jährlich tausende von Menschen ans Kehlsteinhaus pilgern ohne zu wissen wo sie da hinfahren, das vielleicht vor Ort erst erfahren, fühlt sich für mich persönlich jedoch auch irgendwie gruselig an.

In der Dokumentation Obersalzberg ist es möglich, einen Teil der Bunkeranlage vom Obersalzberg zu besichtigen. Alle Gebäude am Berg waren damals über ein kilometerlanges, mehrstöckiges Bunkersystem miteinander verbunden. Schon auch ein beklemmendes Gefühl, da zu sein wo Hitler früher war. Aber das ist Geschichte, lebendige Geschichte.