Ein paar Stunden… in Venedig | Muss man die angeblich romantischste Stadt Italiens wirklich mal gesehen haben?
Romantische Stadt in Italien mit 7 Buchstaben.
Wenn euch jetzt “Venedig” eingefallen ist, kann ich euch das nicht verübeln. Venedig hat dieses Image – romantisch, schön, geschichtsträchtig.
“Sollte man unbedingt mal gesehen haben” hört man überall. Letztes Jahr war ich zum ersten Mal in der Lagunenstadt und kann das alles leider nicht bestätigen.
“Treiben lassen” vs. “Getrieben werden”
Versteht mich da jetzt bitte nicht falsch. Venedig ist eine schöne Stadt. Große Paläste, charmante Brücken, verwinkelte Gassen und ja, auch romantische Kanäle und traditionellen Gondoliere. Jede Gasse, jedes Gebäude, jeder Stein könnte Geschichten wie aus tausendundeiner Nacht erzählen.
In jeder Gasse könnte man sich Casanova gut vorstellen, wie er mit einer weiteren Geliebten in den Schatten verschwindet. Man könnte vermutlich die letzten Seufzer der Verurteilten des Dogenpalastes noch hören, wenn die Stadt einmal stillstehen würde.
Könnte, denn Venedig bzw. die Menschen in der Stadt machen es einem schwer, diesen Geschichten zu lauschen. Stille und stillstand sucht man in Venedig leider vergebens. Will man kurz innehalten, muss man aufpassen nicht von den vielen Menschen über den Haufen gerannt zu werden.
In einer Großstadt wie New York könnte würde man sagen “man lässt sich treiben“. Man könnte das Gefühl genießen. In den engen Gassen von Venedig fühlt es sich eher an, als würde man getrieben. Wie ein Stier, der in der Herde mitläuft, um nicht niedergetrampelt zu werden.
Keine Stadt für Fotografen
Für ein Foto der Seufzerbrücke muss man sich durch eine Menschenmenge durchquetschen. Für ein Foto vor der Rialtobrücke mussten wir uns quasi in einer Schlange anstellen. Dabei ist die überfüllte Brücke noch nicht mal ein schönes Fotomotiv, und das nicht nur, weil auf den Fotos die vielen Menschen die Brücke einfach überschatten.Immer wieder frage ich mich, ob ich die Fotos später überhaupt im Internet posten darf bzw. sollte – mit so vielen fremden Menschen im Bild. Klassische Urlaubsfotos, also man selbst auf dem Markusplatz oder Mutti zwischen den zwei Säulen, werden zu einer großen Herausforderung und vor allem zu einer Geduldsprobe. Einen Moment zu finden wo niemand durchs Bild läuft schein teilweise einfach unmöglich.
Infobox: Venedig
- Nach Venedig gelangt ihr entweder zu Fuß, mit Taxibooten oder mit Linienschiffen
- Wenn ihr in einer größeren Gruppe unterwegs seid, wie wir, könnt ihr euch aber auch ein kleines Schiff chartern. Kostet das gleiche wie die Fahrt mit dem Linienboot, aber ihr müsste euch nicht mit hundert anderen auf ein Linienschiff quetschen, wo ihr ggf. noch stehen müsst.
- Vorsicht bei Essen & Trinken: in Venedig kann schon ein einfacher Cappucino mal 25€ kosten, wenn ihr euch ins falsche Café verirrt. Wir sind dem Tipp unseres Busfahrers gefolgt und haben unseren Cappucino im Hard Rock Café getrunken. In jedem Lokal in dem ihr was trinkt, dürft ihr auch kostenlos die Toilette benutzen – im Notfall also einfach in irgendeinem Café einen kleinen Espresso im Stehen bestellen, denn öffentliche Toiletten haben wir keine gesehen.
- Gegessen haben wir übrigens auch im Stehen, ein leckeres großes Stück Pizza am Schiffterminal direkt unter der Rialtobrücke – relativ günstig & lecker
- Für die Navigation in der Stadt braucht man übrigens weder Karte noch App, denn in jeder kleinen Gasse wurde jeweils der Weg zur Rialtobrücke oder zum Markusplatz mit Pfeilen an Hauswände geschrieben. Unkonventionell, aber funktioniert. Sogar ich (Dorfkind mit Navigationsschwäche ;-) ) habe mich nicht verlaufen.
- Wer sichergehen will, auf tausenden von Urlaubsfotos aus aller Welt verewigt zu werden, bucht sich eine halbe Stunde Gondelfahrt für 80 € – bei Dämmerung / Dunkelheit 100 – 120€. Schien zwar wenig romantisch, dafür kann man sich einmal wie ein Filmstar fühlen.
Muss das sein?
Ich hätte mich gerne mehr mit den schönen Seiten der Stadt beschäftigt, und mit ihren vielen interessanten Geschichten. Aber Venedig hat mich schon nach wenigen Minuten extrem überfordert – mit Enge, mit Hektik, mit zu vielen Menschen.
Muss man Venedig unbedingt mal gesehen haben? Ich weiß gar nicht, wie ich diese Frage ehrlich beantworten soll. Bei mir hat die Stadt leider keinen guten Eindruck hinterlassen, von daher sagt mein Bauchgefühl leider: eher nein.